Spa-Team und Selbstwirksamkeit: Interview mit Lisa Marie Stangier, Coach und Spa-Managerin des Interalpen-Hotel Tyrol
Du bist Spa-Managerin im Interalpen-Hotel Tyrol. Nach der sehr langen coronabedingten Pause konntet ihr jetzt endlich wieder aufsperren. Wie hat du in dieser Zeit Kontakt zu deinem Team gehalten und was hat besonders gefehlt?
Hier helfen natürlich die bekannten Mittel: WhatsApp-Gruppen, Microsoft Teams, Zoom und Co. Ich kann rückwirkend erkennen, dass das Kommunikationsverhalten während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ein anderes war. Da war das Bedürfnis nach Kontakt und Austausch über die Lage stärker, weil noch alles unbekannt und in Maßen vielleicht sogar spannend war. In den Wintermonaten war es eher ein bekanntes, aber langatmiges Abwarten gemischt mit aufkommender Langeweile oder Motivationslosigkeit.
Ich glaube, dass da unterschiedliche Arten der Kommunikation helfen und gefragt sind. Ich erinnere mich an letztes Frühjahr, in dem es viele inspirierende, unterhaltende Aktionen gab, lustige Videos, die Balkonkonzerte und so weiter. Das Austauschen über alle Kanäle hat Spaß gemacht, war neu und ein wertvoller Weg in Kontakt zu bleiben. Wertvoll ist es natürlich immer noch, aber das Bedürfnis nach reinem Entertainment ist gewichen. Jeder möchte eigentlich nur die eine Nachricht hören, dass es weiter geht. Eine reine Gute-Laune-Message trifft nicht mehr ins Schwarze oder stößt sogar eher ein bisschen an. Ich finde das total verständlich, aber das hat es auch schwieriger gemacht, in Kontakt zu bleiben. Aber manchmal ist weniger eben auch mehr und ich glaube das war für alle in meinem Team in Ordnung, dass ich entgegen meiner Art nicht permanent Motivationsvideos verschickt habe.
Gefehlt hat neben dem alltäglichen Austausch natürlich das sinnstiftende Zusammenarbeiten im Team. Ich denke, dass das eine der großen mentalen Herausforderungen dieser Zeit ist – seinen Sinn und Output vorübergehend auch in anderen Dingen zu finden als in der Arbeit.
Das Thema Fachkräfte-Mangel ist eines der Themen in der Hotellerie. Hat sich durch Corona etwas geändert? Auf was legen Mitarbeiter:innen jetzt besonderen Wert und was machen die Betriebe, um die Talente zu halten?
Ich bin in der glücklichen Situation, ein grandioses Team zu haben, das schon sehr lange zusammenarbeitet und eine starke Verbundenheit zum Hotel hat. Mir sind nur sehr wenige Mitarbeiter:innen verloren gegangen und dann auch nur aus wichtigen persönlichen Gründen. Aber ja, ich denke, dass Corona generell etwas verändert hat. Prioritäten und Werte ändern sich, wenn die Gewohnheiten in so großem Ausmaß zerrüttet werden.
In unserem Fall konnte ich aber wieder einmal erkennen, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl und eine authentische und transparente Kommunikation eine große Rolle spielen. Das war schon immer meine Meinung beim Thema Mitarbeiterführung und ich bin froher Hoffnung, dass sich das weiter durchsetzt. Man muss allen ehrlich sagen, was Sache ist und man muss sich für seine Leute einsetzen – emotional, sozial und finanziell. Das hat bei uns aus meiner Sicht in sehr gutem Maße funktioniert und ich hoffe auf viele bekannte Gesichter, wenn es wieder losgeht.
In deiner Session beim vergangenen SpaCamp 2020 hast du plädiert, diese „besondere“ Zeit für die Stärkung der eigenen Werte, Vision und Motivation zu nutzen? Warum ist gerade diese Zeit dafür gut geeignet und wie kann man sich motivieren, wenn es auch schwer fällt?
Diese Zeit ist so besonders, da sie uns – wie jede Krise – enorm herausfordert. Dadurch werden ganz andere Schichten in unserem Fühlen, Denken und Handeln getriggert als im Alltag. Es geht tiefer. Es ist grenzwertig und damit unser Fokus komplett on point. In Krisenzeiten kommt man nicht darum herum, über Grundsätzliches nachzudenken und die eigenen Prioritäten und Basics zu sortieren. Da gehören für mich auch Werte, Motive und Überzeugungen dazu.
In der Naturheilkunde spricht man gerne von einer Erstverschlimmerung bevor die Heilung einsetzt. Auch in der Persönlichkeitsentwicklung habe ich das selbst schon häufig erlebt und so empfunden. IMMER gibt es etwas, dass nachher besser ist als vorher oder, dass zumindest wertvolle Erkenntnisse aus der Erfahrung entsprungen sind. Im Sport ist das die sogenannte Superkompensation, die Regeneration nach einer Belastung über das Ausgangsniveau hinaus. Ich versuche alles immer unter diesen Aspekten zu betrachten und versuche auch in schweren Zeiten dafür offen zu sein.
Ich möchte die Herausforderungen und tragischen Erlebnisse dieser Zeit auf keinen Fall mildern oder schön reden! Aber ich denke, dass jeder, der gesund sein darf, diese „besondere“ Zeit nutzen sollte, sich wertvolle Fragen zu stellen und sich für Neues zu öffnen. Die Intensität und Handlungsbereitschaft in einer solchen Zeit kann für sehr viel Gutes eingesetzt werden – in der eigenen kleinen Welt und in der Großen.
Eines deiner Herzens-Themen ist die Selbstwirksamkeit. Wie kann ich diese erkennen, mir aber auch mehr zutrauen und mein Charisma entfalten – privat und beruflich?
Die Frage trifft genau mein Kern-Thema, dem ich mich in Zukunft sehr intensiv widmen werde. Ich habe nämlich die Vision, das etwas zu revolutionieren! Ich bin der festen Überzeugung, dass es sehr charmant und möglich ist, selbstwirksamer, charismatischer, geschätzter und dabei aber gleichzeitig echter und authentischer zu sein – auch im Job und in einem Business mit übertrieben viel Anspruch daran, die Haltung und Form zu wahren wie in unserem! Fakt ist: Man nimmt sich immer überall hin mit. Klar schlüpft man z.B. im Beruf oder in der Familie in eine andere Rolle, aber man bleibt die Person und die Persönlichkeit, die man ist. Und das muss ein Vorteil sein dürfen. Das heißt nicht, dass ich mich mit der Einstellung „ich bin halt so“ jedem mit meinen ganzen Facetten und Launen zumuten darf. Aber ich darf einzigartige Stärken und Schwächen und meinen Lifestyle haben.
Nur durch Vielfältigkeit werden produktive, erfolgreiche, innovative Teams zu dem, was sie sind. Klar braucht es gewissen Vorgaben oder Leitplanken. Aber es braucht vor allem in der Kommunikation so viele Möglichkeiten wie Mitarbeiter:innen. Ich sehe das allerdings als keine reine Aufgabe der Führungskräfte. Jede:r sollte sich besser kennen lernen und verstehen, wie man tickt, was man braucht, welche Ziele und Wünsche man hat und wann man so richtig im eigenen Element ist. Wer wertgeschätzt werden will, sollte seine Werte und Motivation kennen und aktiv suchen! Sonst ist es ein Werte raten, aber keine stimmige Wertschätzung. Und für Motivation am Arbeitsplatz ist auch nicht nur der/die Teamleiter:in zuständig. Daher sehe ich die Mitverantwortung bei jedem selbst, was Selbstwirksamkeit, Wirkung und Wertschätzung betrifft. Aber auch hier kann man super wirksam und „branchen- bzw. unternehmensverträglich“ für Klarheit, Erfüllung und für eine gute Zeit im Job sorgen. Das ist meine Mission für die Zukunft!
Was gibt dir persönlich Mut, neues anzupacken und was leitet dich auf deinem Weg?
Mich inspirieren und motivieren Menschen und deren Erfolge, mit deren Werten ich mich identifizieren kann und die ihr Leben sehr mutig und selbstbestimmt leben. Das macht mir Mut und ich kann durch solche Vorbilder aus meiner Komfortzone treten, Neues ausprobieren und über meinen Tellerrand schauen. Ich suche mir bewusst immer wieder solche Persönlichkeiten und Lebensgeschichten als Inspiration und trete mir damit sanft in den eigenen Hintern.
Beeindruckend und besonders mutig finde ich (mittlerweile) keine waghalsigen Dinge, wie Extremsportarten oder Ähnliches. Mut zeigt sich für mich, wenn es jemand schafft, sehr integer und echt zu sein und zwischen „einfach mal machen“ und „einfach mal lassen“ selbstsicher und gleichzeitig entspannt wählen zu können – eine Mischung aus Aktionismus, Disziplin, Leichtigkeit, Geduld und Vertrauen in sich selbst und in das, was kommt.
Es gibt einen Spruch, den ich sehr mag und von dem ich versuche, mich leiten zu lassen:
Sei mutig genug, die Dinge zu ändern, die du ändern kannst. Sei gelassen genug, die Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst. Und sei weise genug, das eine vom andern zu unterscheiden.
Und wenn es mal eine brenzliche Situation gibt, in der ich was wagen oder entscheiden soll, frage ich mich: „Was würde mein 80-jähriges Ich jetzt davon halten?“ Aus der Perspektive sieht man Vieles klarer.
Vielen lieben Dank Lisa Marie Stangier vom Interalpen-Hotel Tyrol für deine inspirierenden und motivierenden Antworten! Wir wünschen dir auch weiterhin viel Erfolg mit deinen Coachings!