„Es gibt keine zu teuren Produkte, nur mangelnde Begehrlichkeit!“ Interview mit Marion Jörgens über einfaches Verkaufen.

Oft kommt es vor, dass aus bestimmten Ängsten heraus der Gast nicht angesprochen wird bzw. vom Spa-Mitarbeiter nichts aktiv angeboten bekommt. Doch was sind das für Ängste und vor allem, sind diese begründet? Dieses Thema hat Marion Jörgens von Bewei beim SpaCamp 2018 mit den Teilnehmern diskutiert. Wir haben uns heute mit der Gründerin darüber unterhalten, welche hilfreichen Maßnahmen man treffen und wie man zum aktiven Verkauf motivieren kann.

Die eigentliche Kunst jedes Verkäufers ist es, Begehrlichkeit für ein Produkt zu schaffen. Foto: Fotolia/studiostoks

Die eigentliche Kunst jedes Verkäufers ist es, Begehrlichkeit für ein Produkt zu schaffen. Foto: Fotolia/studiostoks

Welche Ängste gibt es im Verkauf überhaupt und welche Maßnahmen kann man unternehmen, um diesen entgegenzuwirken?

Die größte Angst im Verkauf ist vermutlich die Ablehnung – die Angst vor dem „Nein“. Außerdem nicht so gut dazustehen, wenn der Gast Fragen stellt und man nicht die richtige Antwort parat hat – also die Angst vor der Blamage. Dazu kommt aber auch das Bestreben, nicht aufdringlich zu wirken. Angst, dem Gegenüber etwas „Schlechtes“ aufzuschwatzen, zumal das Image des Verkäufers ja eher negativ geprägt ist. Auch die Preisangst spielt hier eine wichtige Rolle.

Ein Ergebnis der Session war, dass es innere Arbeit braucht, um die Angst vor dem „Nein“ ablegen zu können. Inwiefern kann man an seinem „Inneren“ unter diesem Aspekt arbeiten und welche (Trainings-)Tipps kannst du uns hier geben?

Ich persönlich glaube, dass es ausschließlich innere Arbeit braucht. Ich glaube nicht daran, dass man mit eingeschulten Argumenten oder Produktwissen solche Ängste bekämpfen kann. Vielmehr muss sich die Einstellung ändern. Das Wichtigste, was der Mitarbeiter verstehen muss ist, dass es etwas ganz Schönes ist, einem Gast etwas Nettes oder Gutes zu verkaufen. Wir alle kaufen doch gerne Dinge. Jeder kauft mal eine neues Kleidungstück, eine Handtasche, Schuhe, die Männer vielleicht ein schönes Auto.

Es gibt in meinen Augen nichts Schöneres, als an einem sonnigen Samstag Shoppen zu gehen. Die Menschen, die uns in den Geschäften all diese Produkte verkaufen, mögen wir in der Regel ja auch, da sie Teil dieses Spaß-Erlebnisses sind. Deshalb ist es für mich das Wichtigste, dass der Verkäufer sich verinnerlicht:

Ich bin eine Person, die einer anderen Person eine große Freude bereitet.

Eine deiner Thesen ist, „Es gibt keine zu teuren Produkte, es gibt nur mangelnde Begehrlichkeit“. Kannst du dazu mehr verraten?

Ja, gerne! Jeder von uns hat schon mal erlebt, dass er sich ein tolles Produkt geleistet hat, dass eigentlich viel zu teuer für den eigenen Geldbeutel war. Aber wir haben es begehrt und wollten es unbedingt haben. Das ist die eigentliche Kunst, die jeder Verkäufer beherrschen sollte – genau diese Begehrlichkeit zu schaffen. Er muss dem Gast etwas so schmackhaft machen, dass er es unbedingt möchte, denn dann spielt der Preis interessanter Weise keine Rolle mehr.

Somit sind wir auch gleich bei der Preisangst. Hier sollte der gute Verkäufer es tunlichst vermeiden, von sich auf andere zu schließen. Es gibt Frauen, die geben 80€ im Monat für schöne Fingernägel aus, obwohl sie es sich eigentlich nicht leisten könnten. Andere wiederum kaufen viel zu teure Schuhe. Wir sollten nicht einschätzen, wie viel der Gast eventuell ausgeben wird. Viele Mitarbeiter können sich nicht vorstellen, dass der Gast vielleicht 1000€ für ein Wochenende ausgibt und darüber hinaus noch zusätzlich 300€ im Spa konsumiert.

Der Mitarbeiter muss lernen, nicht zu werten, denn der Gast gönnt sich durchaus etwas.

Marion Jörgens in ihrer Session beim SpaCamp 2018 in der Sieben Welten Therme. Foto: SC/DH STUDIO, Dirk Holst

Marion Jörgens in ihrer Session beim SpaCamp 2018 in der Sieben Welten Therme. Foto: SC/DH STUDIO, Dirk Holst

Wie kann ich meine Mitarbeiter*innen nun davon überzeugen/motivieren, aktiv Promotion für ein Produkt zu machen?

Es geht nur über die Begeisterung. Der Mitarbeiter muss das Produkt selbst toll finden. Deswegen rate ich auch immer dazu, das Produkt unbedingt auszuprobieren. Als Hilfestellung kann man ihm auch nochmals Schlüsselwörter an die Hand geben (einfach, leicht, einzigartig, großartig) und einfache Sätze vermitteln, mit denen er den Gast ansprechen kann:

  • Hallo, sind Sie das erste Mal hier im Hotel?
  • Wie gefällt es Ihnen denn auf unserem Schiff?
  • Haben Sie sich denn schon unseren Spa-Bereich angesehen?

Wenn der Mitarbeiter merkt, dass sich durch ein bisschen Small Talk, auch über das Produkt, ein nettes Gespräch mit dem Gast entwickelt, dann wird er die Angst verlieren und daran Spaß finden.

Eine These aus deiner Session ist, dass Beauty auch weiterhin ein boomender Wachstumsmarkt ist. Inwiefern kommt das dem „leichten Verkaufen“ zugute?

Das hat wieder mit der inneren Einstellung zu tun. In dem Moment, in dem der Mitarbeiter versteht, dass dieser Beauty- und Wellnessmarkt boomt und die Menschen bereit sind, viele 1000€ dafür auszugeben, um schöner, gesünder und attraktiver zu sein, wird er sich auch nicht mehr so schwertun, den Gast anzusprechen. Der Mitarbeiter muss verstehen, dass er Produkte und Dienstleistungen anbietet, die im Grunde jeder gerne haben möchte.

Welche Top-3-Verkaufs-Tipps beherzigst du und kannst du jedem von uns ans Herz legen?

  1. Sei immer du selbst! Es hat keinen Sinn, sich zu verbiegen und irgendwelche Dinge auswendig zu lernen, sondern rede mit dem Gast so, wie du bist. Wenn du schüchtern bist, sei schüchtern, wenn du forsch bist, sei forsch – verbiege dich nicht und bleibe dir selbst treu.
  2. Fasse dich kurz und prägnant! Bedenke, dass sich eine Zeitung immer mit nur einer Schlagzeile verkauft. Der Gast hat im Hotel oder auf dem Schiff viel zu erleben und möchte nicht lange zugetextet werden.
  3. Erkläre die Dinge einfach! Erkläre im ersten Schritt immer das, was es tut und nicht die Technik oder die Zusammensetzung der Produkte dahinter.

Vielen Dank, Marion Jörgens, für deine motivierenden Tipps zu diesem Thema!


Andere Beiträge die dich interessieren könnten
Der Ballsaal im Schloss Fleesensee - hier fanden die großen SpaCamp-Sessions statt. Foto: SpaCamp/Lukas Geu
30. Oktober 2024 Gesundheitstourismus & Wellnessreisen Intern Spa Management, Wirtschaft & Bildung Spa Trends, Wellness & Visionen
Longevity, KI, Retreats und vieles mehr – die SpaCamp-Sessions in Raum 1

Biohacking & Longevity, easy Upselling, Inhouse-Trainings, KI, bühnenreife Potenzialentfaltung, gute Entscheidungen, funktionierende Retreats und den Blick auf uns als Community selbst. Unsere Themenvielfalt in Raum 1 beim SpaCamp 2024 katapultierte uns mit einem rasanten Start und anhaltender Spannung „Zurück in die Zukunft“. Wir waren beeindruckt, welche Trends, (technische) Möglichkeiten, persönlichen Stärken, Spa-typischen Merkmale und generationalen […]

weiterlesen
QR-Code mit Link zum Nachhaltigkeitsbericht. Foto: Koncept Hotels
21. März 2023 Interviews Sessions Spa Marketing, Verkauf & Kommunikation
Wie kommuniziert man Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde und über Nachhaltigkeit sollte man auch sprechen. Doch die richtige Kommunikation ist eine Gratwanderung. Wir haben uns mit Wellbeing-Bloggerin Tanja Klindworth und Hotel & Spa-Beraterin Catrin Stoppa über Greenwashing, transparente Kommunikation und den ehrlichen Weg zur Nachhaltigkeit unterhalten und dabei mehr zur SpaCamp-Session vergangen Herbst erfahren.

weiterlesen
Leichter Verkaufen im Spa. Foto: AdobeStock/vladdeep
6. Dezember 2022 Interviews Spa Marketing, Verkauf & Kommunikation
Mit Freude leichter im Spa verkaufen

Für unser SpaCamp Focus Meeting „Wirtschaftlichkeit im Spa“ am 27. Februar 2023 konnten wir den Verkaufstrainer Oliver Schumacher gewinnen. Um schon mal auf den Vorgeschmack zu kommen, haben wir uns mit dem erfahrenen Experten unterhalten und schon mal einige Tipps für euch!

weiterlesen
Faktum oder nur eine Blase? Foto: AdobeStock/Esta Webster
16. August 2022 Interviews Sessions Spa Management, Wirtschaft & Bildung
SPA-Irrtümer in der Hotellerie

Es ist schwierig zu unterscheiden, was wirklich Faktum oder nur eine Blase ist. Keven Prünster hielt zu gängigen Spa-Irrtümern beim SpaCamp „SummerCamp“ eine brisante Session. Wir haben uns mit dem engagierten Spa-Manager und stellvertretenden Hotel-Direktor im A-Rosa Kitzbühel über Erwartungen von jungen Mitarbeiter:innen, Signature Treatments und Marketing-Versprechen unterhalten. Darüber hinaus erzählt er uns, mit welchem […]

weiterlesen