Arzt und Hotelier – eine besondere Kombination: Interview mit Dr. Andreas Färber, Inhaber vom Klosterhof in Bayerisch Gmain
Lieber Herr Dr. Färber, Sie führen gemeinsam mit Ihrer Frau Henrike den Klosterhof und sind dabei auch Arzt im hauseigenen Gesundheitszentrum. Wie gelingt dieser Spagat zwischen Arzt und Hotelier und welche besonderen Sichtweisen erlaubt Ihnen diese besondere Erfahrung?
Dass ich als Arzt gleichzeitig Hotelbesitzer und Gastgeber bin, ist eine sehr seltene Kombination und sicherlich ein besonderes Alleinstellungsmerkmal für den Klosterhof. Der absolute Dienstleistungswille in der Hotellerie ist für mich das entscheidende Kriterium, von dem wir als Ärzte noch viel lernen können.
Dagegen bietet das oft analytisch begründete Vorgehen von Ärzten zum Beispiel bei der Diagnosefindung einen befruchtenden Gegenpol zu den oft pragmatisch begründeten Maßnahmen in der Hotellerie. Basis des Erfolges ist aber in beiden Bereichen die Empathie, sodass der Spagat gar nicht so groß ausfällt, wie man vermuten könnte.
Die Motivation der Gäste für einen Urlaub ist meist die Sehnsucht nach Erholung und Inspiration. Analytisch betrachtet zeigt sich hier ein Dualismus aus Entspannung und Spannung, medizinisch übersetzt die Balance zwischen Wohlfühlhormonen wie Oxytocin auf der einen Seite sowie z.B. Adrenalin und Endorphinen auf der anderen. Beides, je nach Ausrichtung des Hauses mit unterschiedlichen Schwerpunkten, können und sollten wir in unseren Hotels bieten. Mit dem Fokus auf Gesundheit kann man die Suche nach dieser sehr individuellen Balance positiv besetzen und nachhaltige Erlebnisse schaffen, die auch oder gerade nur im Urlaub erreicht werden können.
Nach dem langen Corona-bedingten Lockdown im Winter folgte ein guter Sommer und viele Spa-Angebote wurden gerne von den Gästen angenommen. Wie habt ihr den Sommer erlebt? Wie groß war das Bedürfnis nach Berührung aber auch nach Gesundheitsangeboten? Was wurde hier besonders nachgefragt?
Die doch sehr einseitigen Maßnahmen in der Coronabekämpfung haben, denke ich, der Branche noch einmal sehr viel an Selbstwertgefühl geraubt. Dabei zeigt der Ansturm der Gäste auf unsere Häuser nach dem Ende des Lockdowns die elementare Bedeutung unseres Angebots für die Gesellschaft. Die Sehnsucht der Gäste nach sozialen Kontakten und Erholung, nach Berührung, nach Inspiration war immens. Die Erleichterung, dass dies mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder möglich ist, war so konkret und direkt spürbar.
Zu dem Konzept unseres Hauses gehörte es von Beginn an, Verbindungen zu schaffen: Zur Natur, zu anderen Menschen und schließlich auch wieder zu sich selbst. Ich bin überzeugt, dass uns das gelungen ist. Das gilt für die Angebote im Spa, die in dieser Zeit nach einem so viel höheren psychologischen Anteil verlangten, als den, den wir ja bereits in unbeschwerten Zeiten hochwertigen Behandlungen zugestehen sollten. Das gilt natürlich auch für die medizinischen Therapien, wobei hier der Schwerpunkt auf Diäten und Post-Covid-Syndromen lag.
Wie wirkt sich Ihrer Meinung das Leben mit dieser permanenten Unsicherheit auf den Menschen aus? Wie kommen wir gut durch die Zeit und auf was sollten wir besonders achten?
Die Unsicherheit hat ja alle betroffen, nicht nur unsere Gäste, sondern vor allem auch unsere Mitarbeiter:innen. Wir können sicherlich einige Unsicherheiten als Gast- oder Arbeitgeber:in nehmen, dennoch werden diese zu oft von extern verursacht, ohne dass wir sie selbst beeinflussen können. Die moderne Antwort auf diese gestiegenen Anforderungen ist die Resilienz des Einzelnen. Und diese kann man fördern, bei Mitarbeiter:innen wie bei Gästen.
Auf zwei Aspekte möchte ich in diesem Zusammenhang den Fokus legen: Erstens die Fähigkeit, die Vergangenheit auch mal Ruhen zu lassen und den Blick in eine Zukunft zu lenken, die man als Chance begreift, auch da sie aktiv gestaltbar ist. Zweitens die Bedeutung real existierender sozialer Netzwerke. Und genau hierfür bietet unsere Branchen einen optimalen Raum.
Wie blicken Sie als Hotelier auf den bevorstehenden Winter und was macht Ihnen Mut?
Aus Sicht eines Arztes, der lange im Bereich der Infektionskontrolle gearbeitet hat, muss ich leider zugeben, dass ich noch einmal mit einer deutlich ausgeprägten Coronawelle rechne. Mut macht allerdings, dass wir inzwischen mit den Impfungen ein wirksames Gegenmittel haben und auch gelernt haben, Gegenmaßnahmen spezifischer einsetzen zu können. Auch wenn nicht alles werden wird wie zuvor, so öffnen sich viele neue Chancen. Corona hat allen Menschen wieder klar gemacht, wie wertvoll soziale Kontakte und Erholung sind. Bedürfnisse, die gerade wir in unserer Branche bedienen und mit neuer Begeisterung aufladen können.
Für den Klosterhof planen wir daher auch im Winter weiter mit einer hohen Nachfrage. Wir rechnen aber auch mit Gästen, die offener für Veränderungen sind. Wenn wir es gelernt haben, diesen Gästen zuzuhören, können wir gemeinsam eine erfolgversprechende Zukunft gestalten.
Vielen Dank Herr Dr. Andreas Färber für das Interview. Wir freuen uns, dass Sie beim diesjährigen SpaCamp als Teilnehmer dabei sind.