„Es gibt keine zu teuren Produkte, nur mangelnde Begehrlichkeit!“ Interview mit Marion Jörgens über einfaches Verkaufen.
Welche Ängste gibt es im Verkauf überhaupt und welche Maßnahmen kann man unternehmen, um diesen entgegenzuwirken?
Die größte Angst im Verkauf ist vermutlich die Ablehnung – die Angst vor dem „Nein“. Außerdem nicht so gut dazustehen, wenn der Gast Fragen stellt und man nicht die richtige Antwort parat hat – also die Angst vor der Blamage. Dazu kommt aber auch das Bestreben, nicht aufdringlich zu wirken. Angst, dem Gegenüber etwas „Schlechtes“ aufzuschwatzen, zumal das Image des Verkäufers ja eher negativ geprägt ist. Auch die Preisangst spielt hier eine wichtige Rolle.
Ein Ergebnis der Session war, dass es innere Arbeit braucht, um die Angst vor dem „Nein“ ablegen zu können. Inwiefern kann man an seinem „Inneren“ unter diesem Aspekt arbeiten und welche (Trainings-)Tipps kannst du uns hier geben?
Ich persönlich glaube, dass es ausschließlich innere Arbeit braucht. Ich glaube nicht daran, dass man mit eingeschulten Argumenten oder Produktwissen solche Ängste bekämpfen kann. Vielmehr muss sich die Einstellung ändern. Das Wichtigste, was der Mitarbeiter verstehen muss ist, dass es etwas ganz Schönes ist, einem Gast etwas Nettes oder Gutes zu verkaufen. Wir alle kaufen doch gerne Dinge. Jeder kauft mal eine neues Kleidungstück, eine Handtasche, Schuhe, die Männer vielleicht ein schönes Auto.
Es gibt in meinen Augen nichts Schöneres, als an einem sonnigen Samstag Shoppen zu gehen. Die Menschen, die uns in den Geschäften all diese Produkte verkaufen, mögen wir in der Regel ja auch, da sie Teil dieses Spaß-Erlebnisses sind. Deshalb ist es für mich das Wichtigste, dass der Verkäufer sich verinnerlicht:
Ich bin eine Person, die einer anderen Person eine große Freude bereitet.
Eine deiner Thesen ist, „Es gibt keine zu teuren Produkte, es gibt nur mangelnde Begehrlichkeit“. Kannst du dazu mehr verraten?
Ja, gerne! Jeder von uns hat schon mal erlebt, dass er sich ein tolles Produkt geleistet hat, dass eigentlich viel zu teuer für den eigenen Geldbeutel war. Aber wir haben es begehrt und wollten es unbedingt haben. Das ist die eigentliche Kunst, die jeder Verkäufer beherrschen sollte – genau diese Begehrlichkeit zu schaffen. Er muss dem Gast etwas so schmackhaft machen, dass er es unbedingt möchte, denn dann spielt der Preis interessanter Weise keine Rolle mehr.
Somit sind wir auch gleich bei der Preisangst. Hier sollte der gute Verkäufer es tunlichst vermeiden, von sich auf andere zu schließen. Es gibt Frauen, die geben 80€ im Monat für schöne Fingernägel aus, obwohl sie es sich eigentlich nicht leisten könnten. Andere wiederum kaufen viel zu teure Schuhe. Wir sollten nicht einschätzen, wie viel der Gast eventuell ausgeben wird. Viele Mitarbeiter können sich nicht vorstellen, dass der Gast vielleicht 1000€ für ein Wochenende ausgibt und darüber hinaus noch zusätzlich 300€ im Spa konsumiert.
Der Mitarbeiter muss lernen, nicht zu werten, denn der Gast gönnt sich durchaus etwas.
Wie kann ich meine Mitarbeiter*innen nun davon überzeugen/motivieren, aktiv Promotion für ein Produkt zu machen?
Es geht nur über die Begeisterung. Der Mitarbeiter muss das Produkt selbst toll finden. Deswegen rate ich auch immer dazu, das Produkt unbedingt auszuprobieren. Als Hilfestellung kann man ihm auch nochmals Schlüsselwörter an die Hand geben (einfach, leicht, einzigartig, großartig) und einfache Sätze vermitteln, mit denen er den Gast ansprechen kann:
- Hallo, sind Sie das erste Mal hier im Hotel?
- Wie gefällt es Ihnen denn auf unserem Schiff?
- Haben Sie sich denn schon unseren Spa-Bereich angesehen?
Wenn der Mitarbeiter merkt, dass sich durch ein bisschen Small Talk, auch über das Produkt, ein nettes Gespräch mit dem Gast entwickelt, dann wird er die Angst verlieren und daran Spaß finden.
Eine These aus deiner Session ist, dass Beauty auch weiterhin ein boomender Wachstumsmarkt ist. Inwiefern kommt das dem „leichten Verkaufen“ zugute?
Das hat wieder mit der inneren Einstellung zu tun. In dem Moment, in dem der Mitarbeiter versteht, dass dieser Beauty- und Wellnessmarkt boomt und die Menschen bereit sind, viele 1000€ dafür auszugeben, um schöner, gesünder und attraktiver zu sein, wird er sich auch nicht mehr so schwertun, den Gast anzusprechen. Der Mitarbeiter muss verstehen, dass er Produkte und Dienstleistungen anbietet, die im Grunde jeder gerne haben möchte.
Welche Top-3-Verkaufs-Tipps beherzigst du und kannst du jedem von uns ans Herz legen?
- Sei immer du selbst! Es hat keinen Sinn, sich zu verbiegen und irgendwelche Dinge auswendig zu lernen, sondern rede mit dem Gast so, wie du bist. Wenn du schüchtern bist, sei schüchtern, wenn du forsch bist, sei forsch – verbiege dich nicht und bleibe dir selbst treu.
- Fasse dich kurz und prägnant! Bedenke, dass sich eine Zeitung immer mit nur einer Schlagzeile verkauft. Der Gast hat im Hotel oder auf dem Schiff viel zu erleben und möchte nicht lange zugetextet werden.
- Erkläre die Dinge einfach! Erkläre im ersten Schritt immer das, was es tut und nicht die Technik oder die Zusammensetzung der Produkte dahinter.
Vielen Dank, Marion Jörgens, für deine motivierenden Tipps zu diesem Thema!