Wie sieht das Spa-Hotel der Zukunft aus? Wir haben bei Vanessa Borkmann, Autorin der Studie FutureHotel, nachgefragt.
Bevor wir einen Blick in die Zukunft werfen, was war für Sie die größte Wellness-Entwicklung in den letzten zehn Jahren?
Die Smart Watch und damit die Möglichkeit, umfangreiche Nutzerdaten zu erfassen und zu analysieren, um im Rückschluss Handlungsempfehlungen auszusprechen. Die Chancen, die sich damit für personalisierte Gesundheitsleistungen und Prävention ergeben, sind enorm.
Die Smart Watch ist natürlich nur ein Beispiel, sie steht aber stellvertretend für das Nutzer-Tracking auf Basis von Sensortechnologie. Das erlaubt, personalisierte Nutzerdaten in Echtzeit sowie Routinen und Trends zu erfassen und daraus eine Vorausschau künftiger Ereignisse abzuleiten, wie z.B. gesundheitliche Einschränkungen oder psychische Beanspruchung.
Die Smart Watch stellt aus meiner Sicht einen Startpunkt dieser Entwicklung dar. Über eine entsprechende Sensorik, Wearables oder vernetzte Alltagsgegenstände ist es z.B. auch möglich, den Schlafverlauf und die Schlafqualität zu erfassen und daraus Rückschlüsse abzuleiten. Zeitpunkt und Ablauf des Aufwachens können an die spezifische Situation angepasst werden und natürlich kann auch der Wellness-Aufenthalt in einem Hotel ganz gezielt einem personalisierten Programm folgen, das z.B. eine schnelle Regeneration zum Ziel hat.
In welchen Bereichen wird sich das Wellness-Hotel der Zukunft ändern und was wird auch in zehn Jahren noch unverzichtbar für die Gäste sein?
Änderungen wird es wahrscheinlich in allen Bereichen geben. Die Wellness-Hotellerie wird und muss sich weiter diversifizieren und spezialisieren. Schon alleine weil sich die Anforderungen der Gäste ändern. Gleichzeitig entstehen durch neue Technologien auch neue Möglichkeiten.
Ein wichtiger Aspekt ist z.B. die Buchbarkeit von Angeboten im Internet in Echtzeit oder das Angebot spezieller Hightech-Räume, die eine bestimmte Atmosphäre über den Einsatz von Beleuchtung, Duft, Temperatur, Sound erzeugen und multifunktional nutzbar sind. Was bleibt, ist das Bedürfnis der Gäste nach Erholung, Ruhe, Entspannung und dem Erleben von Natur.
Stichwort Nachhaltigkeit – was hat sich hier positiv entwickelt und wo gibt es noch Aufholbedarf?
Positiv sehe ich, dass, getrieben durch die mögliche Kostenreduktion, vermehrt auf Technologien gesetzt wird, die Ressourcen und Energie einsparen. Aufholbedarf gibt es viel. Gerade die vielen Plastikverpackungen, die im Kosmetikbereich in Umlauf sind, stellen ein großes Problem für die Erde dar. Ressourcenverbräuche in einem klassischen Wellness-Bereich sind auch in Bezug auf Handtuchverbrauch und Reinigungsbedarf, Wasser, Heizung, Strom im Vergleich zu anderen Bereichen eines Hotel sehr hoch.
Das Spa-Hotel der Zukunft muss noch mehr auf unterschiedliche Kulturen eingehen als jetzt. Welche Überlegungen sollten Hoteliers jetzt anstellen?
Wer ist die Zielgruppe, was sind die Alleinstellungsmerkmale, wie ist ein besonderes Konzept mit den vorhandenen Mitarbeitern, Ressourcen und Räumlichkeiten umsetzbar? Es gibt viele mögliche Differenzierungsstrategien. Entscheidend für deren Erfolg ist unter anderem eine konsequente und ganzheitliche Umsetzung.
Konzepte sollten unbedingt mit den Möglichkeiten des Betriebes korrespondieren, so auch in Bezug auf die kulturelle Ausrichtung. Um die Bedürfnisse von Reisenden aus anderen Kulturkreisen zu bedienen, sind z.B. mehrsprachige Mitarbeiter erforderlich sowie gegebenenfalls eine räumliche Trennung textilfreier Bereiche nach Geschlecht. Ein Betrieb, der Schwierigkeiten hat, entsprechende Mitarbeiter zu finden oder über eingeschränkte räumliche Möglichkeiten verfügt, sollte sich also besser einem anderen Konzept widmen.
Spa-Gäste sind bekanntlich sehr anspruchsvoll und erwarten z.B. immer kurzfristigere Buchungsmöglichkeiten. Dabei wird es immer schwieriger, gute Mitarbeiter zu gewinnen. Wie kann dieser Spagat gelingen?
Wahrscheinlich sind Spa-Gäste nicht anspruchsvoller als andere Kunden, die in vergleichbarer Höhe Produkte oder Serviceleistungen konsumieren. Technologisch sind kurzfristige Buchungen heute ebenso möglich wie eine Reservierung in einem Restaurant.
Wenn Spa-Angebote online nicht buchbar sind, ist das einfach nicht mehr zeitgemäß.
Gute Mitarbeiter sind natürlich eine ganz andere Herausforderung. Wie auch in anderen Branchen sollten sich Hoteliers darauf einstellen, dass gut ausgebildete Fachkräfte rarer und fordernder werden – nicht nur das Gehalt, sondern auch die arbeitsorganisatorischen Bedingungen betreffend. Die Integration von Mitarbeitern aus anderen Kulturkreisen stellt heute eine Chance dar.
Ein Spa muss also, ebenso wie ein Restaurant, als selbstständiges Profitcenter geplant, organisiert und betrieben werden. Dementsprechend müssen auch die Mitarbeiter profitabel eingesetzt werden. Sicher ist hier auch ein Umdenken erforderlich. Das klassische Anstellungsmodell wird in vielen Bereichen nicht mehr zukunftsfähig sein.
In Ihrer Studie haben Sie herausgefunden, dass das Spa-Hotel auf der einen Seite die „heile, unbelastete Welt“ versprechen muss, auf der anderen Seite mag kein Gast auf WLAN verzichten. Gibt es einen Königsweg?
Ja, eine intelligente, zielgruppenorientierte Angebotspalette, die auf den spezifischen Bedürfnissen der Gäste und der Mitarbeiter beruht.
Die Anforderungen der Gäste während eines kurzen Aufenthalts in einem Stadthotel sind andere als die eines Urlaubsgastes in einem Leisure-Hotel. Allen gemein ist das Bedürfnis nach einer Auszeit, nach Ruhe und Erholung während des Wellness-Erlebnisses. Daher sollten auch die Räume und Angebote entsprechend gestaltet sein. Umweltpsychologische Studien belegen die regenerative, gesundheitsförderliche Wirkung der Natur auf den Menschen. Daher ist es empfehlenswert, die Umgebung für den Wellness-Aufenthalt auch natürlich zu gestalten bzw. Außenbereiche und Naturelemente einzubeziehen.
Die Angebotspalette sollte sich jedoch nach den Bedürfnisprofilen der Zielgruppe ausrichten und nach den Möglichkeiten, die der Hotelier in Bezug auf den Mitarbeitereinsatz hat. Technikeinsatz und die Verfügbarkeit von kabellosem Internet können in bestimmten Räumen sinnvoll und nützlich sein. Auch um ein besonderes Angebot zu bieten, wie z.B. ein Fitness- oder Gesundheitstracking in Echtzeit.
Grundsätzlich sollte der Wellness-Aufenthalt jedoch nicht die Nutzung technischer Geräte durch den Gast in den Vordergrund stellen, sondern technische Infrastruktur im Hintergrund agieren, um Services verfügbar zu machen.
Sie halten die Eröffnungskeynote beim SpaCamp 2018 in der Sieben Welten Therme. Welche Erwartungen haben Sie persönlich an die Ideenwerkstatt?
Ich freue mich darauf, auf innovationsinteressierte Teilnehmer zu treffen. Vielleicht ist ja auch ein Hotelier dabei, der Interesse an einer gemeinschaftlichen Umsetzung eines innovativen Wellness-Konzeptes hat. Ideen hätte ich genug.
Vielen Dank, Vanessa Borkmann, für Ihre Einblicke in die Studie sowie den Ausblick in die Spa-Zukunft. Wir sind schon sehr neugierig auf weitere Aspekte in Ihrer Eröffnungskeynote Mitte Oktober beim SpaCamp!