Spa- und Wellness-Trends. Was bleibt?
Wir werden täglich mit Trends, denen man folgen sollte, überhäuft. Doch welcher Trend hat wirklich Bestand? Spa- und Hotel-Beraterin Hildegard Dorn-Petersen hat sich auf Spurensuche begeben und wirft einen kritischen Blick auf aktuelle Spa- und Wellness-Trends 2023.
Die meisten von euch sind aus den Sommerferien zurück. Hand aufs Herz: welchem Trend seid ihr bei der Auswahl des Reiseziels gefolgt? Urlaub im eigenen Land? Regionales Erlebnis, nachhaltig mit dem E-Bike? Ein Fernziel ohne Overcrowding? Oder habt ihr euch einfach ins Auto gesetzt und euren Traumstrand in Italien angesteuert?
Suche nach den Spa- und Wellness-Trends
Wir werden täglich mit Trends, denen man folgen sollte, überhäuft. Gottseidank haben wir uns in den letzten Jahren von läppischen Trends wie Schokomassagen im Spa verabschiedet. Jetzt geht es darum, wichtige Trends für unsere Branche zu erkennen und sie zielführend zu nutzen.
Wolfgang hatte die Idee, auf der Suche nach Trends auch künstliche Intelligenzen, wie ChatGPT zu befragen. Die Antworten auf die Frage zu Trends für Spa und Wellness 2023 boten allerdings keine Überraschung und basieren laut Quellenverweis auf 2021. Ein ganzheitliches Wellness-Konzept und personalisierte Behandlungen sind für etablierte Wellnesshotels eine Selbstverständlichkeit. Die Diskussion um Wellness am Arbeitsplatz hat sich seit Corona und der Einführung des Homeoffice gelegt. Und eine Spezialisierung auf Medical Wellness ist keine Innovation, auch wenn der Lanserhof auf Sylt für 7.000 € pro Woche hier neue Dimensionen setzt.
Ein Blick über den Atlantik
So beschloss ich, den Blick über den Atlantik zu werfen, wo im August (vor 500 Online-Teilnehmer:innen) die Expert:innen des Global Wellness Summit ein „Mid Year Trend Update 2023“ präsentierten. Um es gleich vorwegzunehmen: die Ausbeute war gering. Als „Lead Trend“ wurde „Wellness & Gathering“ vor allem in exklusiven Wellness-Clubs vorgestellt – nicht wirklich relevant aus europäischer Sicht. Dies gilt auch für Wellness am Arbeitsplatz in großen internationalen Unternehmen und „Wellness auf Rezept“ für US-Publikum. Das Einzige, was mein Interesse fand, war ein neues Konzept von „Low Pressure Wellness“ mit zweiminütigen Workout-Breaks oder kurzen, erholsamen Spaziergängen in der Natur.
Es sieht also ganz so aus, als müssten wir die wichtigsten Trends selbst definieren. Aus meiner Sicht erkennt man sie einfach daran, dass an dieser Stelle das Rad nicht mehr zurückgedreht werden kann. Dies gilt für die Schwerpunkte Nachhaltigkeit, Naturerlebnis und Ernährung.
Nachhaltigkeit – umsetzen und Spaß dabei haben!
Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema, um das unsere gesamte Branche nicht mehr herumkommt. Dies betrifft nicht nur Investitionsentscheidungen, auch wenn es hier besonders viele Stellschrauben gibt. Man muss auch nicht gleich nach den Sternen greifen und ein „EU-Ecolabel“ anvisieren. Es gibt vielfältige Möglichkeiten und Zertifizierungen wie z.B. „Green Sign“, die auf dem Weg begleiten.
Auch Nischenprodukte wie die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz können in Betracht gezogen werden.
Wie auch immer: wichtig ist es, die Umsetzung eines Nachhaltigkeitskonzeptes nicht wie einen großen Mühlstein vor sich hinzuschieben, sondern einfach anzufangen und dabei auch noch Spaß dabei zu haben. Wenn es gelingt, Mitarbeiter:innen, Gäste und Lieferanten mit ins Boot zu holen und zu begeistern, ist die erste große Hürde schon genommen.
Naturerlebnis – das Bedürfnis draußen zu sein
Natur ist das nächste Stichwort. Ganz gleich, ob Berge oder die See, ein stimmiges Naturerlebnis trägt zur Buchungsentscheidung bei. Allerdings haben die Pandemie und Corona zu einem entscheidenden Paradigmenwechsel geführt: die Gäste wollen draußen sein und sich bewegen, und dies in jeder Altersklasse.
Das Spektrum reicht vom sanften Naturerlebnis wie z.B. Waldbaden über geführte Wanderungen bis hin zu anspruchsvollen Mountainbike-Touren – allein, zu zweit oder in der Gruppe. Für die Generation Z darf es dann gerne noch ein Kick Abenteuer und Herausforderung obendrauf sein. Dieses Bedürfnis, draußen zu sein, darf dann bei Gelegenheit auch mal zum Prüfstein werden, wenn es um den Bau neuer Indoor-Wellnessflächen und der Anzahl von Ruheliegen geht.
Genussmomente – nachhaltig, regional und pflanzenbasiert
Mit Punkt 3 kommen wir zur Ernährung: Einen kompletten Wandel der Esskultur prophezeit Zukunftsforscherin Hanni Rützler in ihrem Food Report 2024. Den Siegeszug pflanzenbasierter Speisen sieht sie unter anderem im Klimawandel und der Moralisierung des Essens begründet.
Pierre Nierhaus stellt in seinem Trendreport fest, dass sich die Orientierung auf Nachhaltigkeit und Regionalität verstärken wird, und es für die Generation Z zur Selbstdefinition gehört, mit (richtigem) Essen die Welt zu verbessern.
Somit darf es uns nicht verwundern, dass sich der vermeintliche Hype zu veganer Ernährung zum ernst zu nehmenden Trend entwickelt hat, an dem kein Gastronom und kein Hotelier mehr vorbeikommt. Auch wenn die Entwicklung mittlerweile mit ausgefeilten, mehrgängigen Menüs bis in die Spitzen- und Sternegastronomie vorgedrungen ist – bei seinem Hotelaufenthalt erwartet der Gast kreative, attraktive und abwechslungsreiche pflanzliche Gerichte, die Lust auf mehr machen.
Zusätzlich bietet sich die Gelegenheit, Genussmomente zu schaffen, die auf jegliche industriellen Ersatzprodukte verzichten und in den Alltag mitgenommen werden können.
Die Zukunft der Spa- & Wellness-Hotellerie ist ganzheitlich
Wollten wir nicht von Trends für Spa und Wellness sprechen, werdet Ihr jetzt vielleicht fragen? Ja, genau! Denn hierin liegt aus meiner Sicht der eigentliche Trend: die Zukunft der Spa- & Wellnesshotellerie findet in ganzheitlichen Konzepten statt, wie sie zahlreiche professionelle Gastgeber:innen bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreich umsetzen.
Hypes kommen und gehen, aber sie sind vor allem auf kurzfristigen Profit ausgerichtet. Der Kunde von heute merkt sehr schnell, was halbherzig inszeniert oder echt, authentisch und im Hotel & Spa verwurzelt ist. Die Grenzen verwischen sich: es geht um Lifestyle und neue Kundenerwartungen, die es zu erfüllen gilt. Eine große Chance sehe ich, die Mauern des klassischen Abteilungsdenkens der Hotellerie (Rooms, F&B, Spa) einzureißen, damit sich alle gemeinsam an einen Tisch setzen und gemeinsam voller Freude an einem Nachhaltigkeitskonzept für ihren Betrieb arbeiten.