Menschlich führen

Welche Skills brauchen Führungskräfte heute und was ist zu tun, wenn es "menschelt"? Coach Ariane Beutner wird beim Focus Meeting „Wertschätzung“ am 5. Juni einen Impuls zum Thema „Erfolgsfaktor Menschlichkeit“ halten. Wir haben uns mit der begeisternden Trainerin unterhalten und schon vorab einige spannende Erkenntnisse eingeholt. Noch gibt es freie Plätze für den Online-Nachmittag auf Zoom.

Erfolgreich führen mit Menschlichkeit und Werten. Foto: AdobeStock/Seventyfour
Erfolgreich führen mit Menschlichkeit und Werten. Foto: AdobeStock/Seventyfour

Liebe Ariane, ein Claim und Fokus deiner Arbeit lautet: „Erfolgreich führen mit Menschlichkeit und Werten“. Woran erkennst du, dass einer Führungskraft dies gelingt?

Hauptsächlich an der Stimmung im Team sowie an der Arbeitsleistung des Teams. Mögliche Indikatoren, die aufzeigen, dass es keine menschliche Teamkultur gibt, können z.B. hohe Krankheitsraten, Fluktuation und Schwierigkeiten im Recruiting sein (die nicht auf den Fachkräftemangel zurückzuführen sind).

Tatsächlich begleite ich aktuell einige Kunden, die bisher noch wenig Herausforderungen im Recruiting haben und viel über Eigenmarketing der Mitarbeiter:innen rekrutieren. Dieser Kanal funktioniert aus meiner Erfahrung nur bei einer gesunden und wertschätzenden Teamkultur.

Wenn Menschlichkeit immer mehr zum zentralen Aspekt wird, kann dies ja auch bedeuten, dass es mal verstärkt „menschelt“. Welchen Tipp würdest du Führungskräften dafür an die Hand geben?

Miteinander statt übereinander sprechen lautet mein Tipp. Mit bewusster Sprache z.B. basierend auf gewaltfreier Kommunikation nach Marshall Rosenberg kann jeder seine eigene Wahrnehmung spiegeln – ohne sein Gegenüber anzugreifen oder in die Rechtfertigung zu zwingen.

Impulsgeberin Ariane Beutner. Foto: Ariane Beutner
Impulsgeberin Ariane Beutner. Foto: Ariane Beutner

Mindestens genauso wichtig ist eine positive Haltung und Intention jedem Teammitglied gegenüber. Dann können verschiedene Sichtweisen und Perspektiven transparent erläutert und ein gegenseitiges Verständnis erreicht werden.

Ich bin überzeugt davon, dass das beste Arbeitsergebnis nicht zwingend erzielt wird, wenn es ausschließlich harmonisch zugeht. Ein konstruktiver Umgang mit Konflikten und Meinungsverschiedenheiten kostet zwar zunächst Zeit und Kraft und bedarf Selbstreflektion – bringt aus meiner Erfahrung aber oft das langfristig beste und qualitativ hochwertigste Ergebnis.

Wovon wünscht du dir aktuell von Führungskräften, Chefs und Chefinnen mehr? In welcher “Disziplin” – Skills, Softskills o.ä. – sollten sie deiner Meinung nach einen großen Schritt nach vorne machen?

Vertrauen statt Kontrolle. Die letzten und aktuell andauernden Krisen haben uns Menschen mit etwas konfrontiert, was gegen unser Naturelle ist: Kontrollverlust. Das spiegelt sich auch in der Zusammenarbeit wieder.

Hybrides arbeiten und mehr Optionen für Homeoffice ermöglichen enormes Potential für einen besseren Einklang von Berufs- & Privatleben. Jedoch erlebe ich es fast überall: die Taktung der Meetings, Erreichbarkeit und Kommunikationskanäle ist gewachsen und zur Belastung geworden.

Ich wünsche mir, dass Führungskräfte auf allen Ebenen priorisieren, Druck nehmen & Klarheit geben und ihren Mitarbeitern Vertrauen. Es geht nicht um die Anzahl der Stunden und Erreichbarkeit. Stattdessen sollte die individuelle Leistung mehr in den Vordergrund rücken. Das erfordert natürlich mehr Zeit für Führung. Ich als Führungskraft muss mich mehr mit der Leistung und den Ergebnissen und dessen Messbarkeit befassen. Und das scheint für Viele aktuell eine Herausforderung zu sein (bei der ich gerne helfe 😉).

Frauen haben oft eine größere Offenheit dafür, über eigene Fehler, Schwächen und Emotionen zu sprechen. Foto: Adobe Stock/Seventyfour
Frauen haben oft eine größere Offenheit dafür, über eigene Fehler, Schwächen und Emotionen zu sprechen. Foto: Adobe Stock/Seventyfour

Du übernimmst bei Team Benedikt zukünftig das Seminar “Frauen in Führung“. Was begeistert dich an Frauen in Führungspositionen besonders? Was denkst du, welche Eigenschaften, Stärken oder Vorbildfunktionen dürfen Frauen in Führung noch viel mehr zum Tragen bringen?

Ich erlebe Frauen in Führung oft mit mehr Verletzlichkeit und einer größeren Offenheit dafür, über eigene Fehler, Schwächen und Emotionen zu sprechen. Das bewundere ich sehr. Ein gutes Beispiel dafür ist die ehemalige neuseeländische Premierministerin Jacinta Ardern. Ihren Rücktritt hat sie zu Beginn des Jahres empathisch, authentisch und menschlich begründet und vollzogen. Sie hat Emotionen gezeigt und offengelegt, dass sie nicht mehr genug Energie für diese Funktion hat, und dadurch große Stärke und Mut bewiesen.

Unser Männerbild wird meist mit Stärke und Kraft definiert. Ich finde, alle Führungskräfte sind Menschen und dürfen auch mal schwach sein – weder im Recruiting noch in Führungspositionen gibt es schließlich die eierlegende Wollmilchsau.

Vielen Dank Ariane Beutner für die Einblicke in die Führung mit (mehr) Menschlichkeit. Wir freuen uns schon riesig auf deine weiteren Tipps beim Focus Meeting „Wertschätzung“ am 5. Juni 2023. Es gibt noch freie Plätze.

Autor:in: Lisa Marie Stangier
Lisa Marie Stangier