The Sound of Silence – wie muss ein Spa klingen?
Lieber Peter, du hast dich mit deinem Tonstudio auf Wellness-Klänge spezialisiert. Wie siehst du die Klanglandschaften von heutigen Spas und Wellness-Resorts? Oft hat man das Gefühl, dass weniger oft besser wäre.
Lieber Wolfgang, vielen Dank für diese Frage. Das sehe ich ganz genauso. Wellness soll zur Stärkung und Verbesserung der Gesundheit und der allgemeinen Lebensqualität dienen. Für Spa-Gäste gehört dazu eine besondere Portion Muße, also ein glückliches, selbsterfülltes Sein, eine Zeit in der es nichts zu erreichen gibt.
Musik in Wellnessbereichen, die diesem Anspruch gerecht wird, sollte das offene Gewahrsein mit angenehmen Klängen unterstützen und nicht so sehr eine fokussierte Aufmerksamkeit abverlangen, um es mit Hilfe von Achtsamkeitsbegriffen zu erläutern. Eine Melodie sollte natürlich nicht aufdringlich sein, auf eine Songstruktur sollte eher verzichtet werden, Dissonanzen sollten vermieden und Rhythmik sollte sehr bedacht und eher zurückhaltend eingesetzt werden. Ich meine damit, dass es ratsam ist, den kognitiven Prozess der Informationsverarbeitung im Gehirn nicht zu strapazieren und satt dessen genügend akustischen Raum zu lassen, damit die Gäste einen gelösten Gemütszustand erreichen können.
Wie kann man einem Spa mit Klang eine persönliche Note geben? Welche Möglichkeiten gibt es, um Klänge einzusetzen, um besondere Erlebnisse zu bieten?
Wenn wir von Klang im Raum reden, sollte dieser eine sinnliche Erfahrung ermöglichen, authentisch sein und Spa-Gäste einladen, mit ihrer Umgebung in Resonanz zu gehen und Harmonie zu erfahren. Das zu realisieren, ist eine sehr spannende Aufgabe, die mich wirklich fasziniert.
Meine erste Erfahrung mit Musik, die speziell für einen Raum komponiert wurde, war im Manrique-Haus auf Lanzarote, das spektakulär in eine Lava-Höhle integriert ist. Die wohlklingende Musik war in allen Räumen zu hören und machte den Besuch zum einzigartigen, fast magischen Erlebnis. Viele Wellnesshotels zeichnen sich speziell im Spa-Bereich durch eine extravagante Architektur aus, um die Gäste optisch zu beeindrucken. Aber unser Seh-Sinn bleibt eben an der Oberfläche, wobei unser Hören die tiefste aller Wahrnehmungen bietet. Das Ohr wird auch das „Tor zur Seele“ genannt, daher ist es mir so wichtig, die akustische Wahrnehmung im Spa zu fördern und mit kreativen Ideen das Erlebnis für die Gäste zu intensivieren. Hotels oder Spas mit einer nicht so ausgefallenen Inneneinrichtung können von Klang und musikalischer Komposition besonders profitieren. Wie ich schon sagte, spricht Musik uns Menschen ja im tiefsten Kern unseres Wesens an. Der hörende Mensch hat also mehr Chancen, in die Tiefe zu dringen, als der sehende.
Ein ganz besonderes Hör-Erlebnis im Spa erreicht man natürlich mit 3D-Klang, also Schall, der von überall im Raum zu kommen scheint. Mit dieser Technik kann man sich quasi akustisch an einen anderen Ort der Welt versetzen lassen. Aktuell ist das mit meinem Produkt 3DEOT erlebbar und leicht integrierbare Lösungen ohne Kopfhörer sind in Vorbereitung.
Stille ist für uns Menschen enorm wichtig, doch viele tun sich schwer damit, weil wir ständig von Reizen umgeben sind. Wie kann ein Spa einen Zugang für Stille schaffen und diese achtsam zelebrieren?
Ein bekannter Ansatz ist ja, einen Raum der Stille anzubieten, indem alle äußeren Geräuschquellen minimiert werden. Aber auch das innere Herunterfahren ist wichtig, eigentlich ist es noch wichtiger als das Unterbinden der äußeren Störreize. Auf Distanz zu gehen zu äußeren Störimpulsen ist eine Fähigkeit von Menschen, die in Meditation sehr geübt sind, sich also bewusst diesem Aufmerksamkeitsklau entziehen können. Es gilt also auch, Achtsamkeit im Spa zu fördern.
Aber ich denke, deine Frage zielt darauf ab, wie man einen sanften Übergang von Reizüberflutung (außerhalb des Spas) zu einer ruhigen bis stillen Atmosphäre (innerhalb des Spas) erreichen kann, da wir ja die Stille einfach nicht mehr gewohnt sind. Dafür halte ich den Einsatz und die kreative Verwendung von Klängen als sehr geeignet. Ich meine damit, individuell auf den Ort, die Einrichtung des Raumes und seine Wirkung komponierte Musik und passende Klanglandschaften. Also die Verschmelzung von Natur-Umgebungsgeräuschen, akustischen Instrumentenklängen und künstlich erzeugten Sounds.
Akustische Aspekte des Raumes, in dem die Klänge wirken sollen, werden bei der Mischung im Studio berücksichtigt. Und genau da kann weniger mehr sein. Stell dir doch mal einen gemütlich warmen Spa-Ruheraum mit viel Holz vor, in dem leise ein Legato-gespieltes Cello zu hören ist. Ich habe da viele Ideen. Oder, warum holt man nicht die Geräusche des umgebenden Waldes einfach durch eine hochwertige 3D-Aufnahme in das Spa?
Als Unterstützer und Mitglied von Quiet Parks International, einer globale Organisation, die nicht nur die Stille retten will, sondern jedem Menschen ermöglichen will, den Geräuschen der Natur zu lauschen um darin innere Ruhe und Frieden zu finden, möchte ich noch erwähnen, dass man Stille nicht nur als Abwesenheit aller Geräusche definieren kann, sondern als den Klang der Natur, möglichst ohne menschengemachte Geräusche. Dafür reisen sogenannte Field Recording Engineers in die entlegensten Ecken der Welt. Diese hochwertigen Naturaufnahmen verwende ich für meine Klangwelten.
Schafft man es, durch kreative, akustische Ausgestaltung einen angenehmen Wohlklang zu schaffen, der den Gästen zu diesem friedvollen und entspannten Zustand verhilft, den sie erwarten, hat man viel erreicht. Und der Klang der Natur kann dabei enorm helfen, denn die gesundheitsfördernde Wirkung von Naturgeräuschen ist wissenschaftlich nachgewiesen worden.
Als Tontechniker muss man gut hinhören können. Hast du einen Tipp, wie man das Zuhören in einer lauten Zeit (wieder) erlernen kann?
Ich habe mal einen Spruch verfasst, vielleicht passt er zum Kontext:
Musik bewusst zu hören, ist die schönste Art das Fortschreiten der Zeit zu erleben.
Tut man das aus einem Ausgangszustand der Muße heraus, kann es große Glücksgefühle auslösen; die Liebe zur Musik vorausgesetzt. Dabei praktiziert man achtsames Zuhören, eine so wichtige Fähigkeit, die uns im Übrigen auch hilft, empathischer zu werden.
Liebe Leser, macht es euch öfters mal auf dem Sofa bequem und hört ganz bewusst eure Lieblingsmusik. Wer keine hat, dem empfehle ich Bachs Violinkonzerte oder Jazz von Wolfgang Haffner, z. B. Acoustic Shapes. Eine andere Möglichkeit ist wie schon erwähnt die Achtsamkeit. Durch Achtsamkeitsübungen wie zum Beispiel Atem-Meditation trainiert man seine Aufmerksamkeitsregulation. Mir hilft es, gelassener zu werden und mich auf die Dinge zu fokussieren, die mir im Moment wichtig sind. Jon Kabat-Zinn sagt:
Das Hier & Jetzt ist der einzige Augenblick, in dem wir wirklich leben. Wir sollten diesen Augenblick zelebrieren.
Vielen Dank, lieber Peter Bender vom Gegenwartsstudio für deinen Einblick in die Welt der Klänge.